Glasfenster

Ausgestellte Fenster in St. Ulrich: ​

Kosovo & Herbstfenster

Die beiden Glaswerke „Kosovo“ und „Herbstfenster“ stechen durch die herausragende Gesamtkomposition, aber auch durch die Motivauswahl heraus. Die jeweiligen Farbgebungen unterstreichen die Bildsymbolik. Mit einfallenden Sonnenstrahlen auf die Werke beginnt ein überwältigendes symbiotisches Farbenspiel oder aber ein Pendel aus Licht und Schatten. Die Motive sind mit dem Einfluss der Sonnenstrahlen in Bewegung, gleich wie die Betrachter der Werke möglicherweise nicht aufhören können, sich auf den Weg zu machen und die Werke mental, emotional und visuell zu erkunden. An den Werken „Kosovo“ und „Herbstfenster“ kommt niemand vorbei. Markus Lüpertz hat mit diesen Glas-, Licht- und Farbmonumenten eine einzigartige künstlerische Reflektionsbasis geschaffen und ermöglicht eine gesellschaftliche und persönliche Auseinandersetzung zwischen „der Fülle des Lebens“ und der Vergänglichkeit, zuweilen der zerstörerischen. Das Deutsche Glasmalerei-Museum Linnich dankt diesem herausragenden Ausnahmekünstler für diese glasmalerischen Werke und wünscht ihm noch viele Jahre voller Schaffenskraft.

Kosovo

Mundgeblasenes Echtantikglas, mehrstufig geätzt, Schmelzfarben, Schwarzlot- und Silbergelbmalerei, H 280 x B 320 cm, Ausführung: Derix Glasstudios Taunusstein, 2015/16, Stiftung Deutsches Glasmalerei-Museum Linnich]

Ein besonderes Farbspiel zieht die Betrachter des großen Werkes an. Einfallende Sonnenstrahlen, die auf die Schwarzlot- und Silbergelbmalerei der Glasscheibe treffen, lösen Faszination und Neugierde aus. Der Titel des Werkes ist in Anlehnung an den Kosovo-Konflikt im Jahr 1999 entstanden. Der Tod als Endpunkt des Lebens wird durch die Darstellung des Totenkopfes verdeutlicht. 

Mit dieser Versinnbildlichung greift Markus Lüpertz eine der Darstellungen aus der christlichen Ikonografie sowie aus dem kunsthistorischen Bereich auf, die für die Endzeit des Lebens stehen. „Der Hohlraum, in dem einst ein Gehirn funktionierte, ein menschlicher Geist existierte und eine Persönlichkeit ihre Existenz ausdrückte, scheint der leere Raum zu sein. So gesehen gibt uns der Totenschädel einen enormen Raum in die Hand, in dem wir über die zeitlich befristete Natur unseres Lebens und die Realität unserer Existenz reflektieren können. […] Die Totenköpfe in Lüpertz´ Gemälden sind niemals formale Elemente, die in der Komposition eines Stilllebens die Rolle von interessanten Artefakten spielen. Tatsächlich sind sie nicht einmal still, sondern immer noch aktiv, immer noch ausdrucksvoll; dort wo kein Ausdruck möglich sein sollte, fahren sie fort, zu schauen und zu lachen, sie sind im Bilde, haben einen Sinn für Richtung und fungieren immer noch als Soldaten, Dichter und Maler.“ 2 (aus: Lüpertz Markus: Skulls, 2009, Akademie-Galerie – Die NEUE Sammlung (Hrsg.), S. 14, Anthony Cragg)

So weist der dargestellte Schädel eine Dramaturgie auf, die den Betrachter auffordert, genau hinzusehen und sich mit der kriegerischen Konfrontation von Leben und Tod in diesem Kontext auseinanderzusetzen.

Dem Totenkopf gegenüber liegt ein Stahlhelm. Die Anordnung der beiden Motive zueinander suggeriert, dass der Helm zuvor auf dem Schädel saß, um ihn möglicherweise zu schützen. Totenkopf und Helm scheinen eine Einheit zu bilden oder in einer Beziehung zueinander zu stehen. Die ramponierte Oberfläche des Schädels wird offenbar nicht mehr durch den Helm geschützt, wodurch die Schutzfunktion des Helmes verwirkt scheint und der umgedrehte Helm wird somit zum Symbol der Vergangenheit und des Vergänglichen. Ebenso der voluminös wirkende Schädel. Das dunkle Schwarz, das man im Innern des Totenkopfes durch die Augen hindurch sehen kann, ist auch im Innern des Helmes zu erkennen. Die Scheiben der abgebildeten Kirchenfenster sind ebenfalls mit schwarzer Farbe versehen, und es zeichnen sich hier Hoffnungslosigkeit und Zerstörung ab. Dem gegenüber steht im ausdrucksstarken Kontrast die Farbe Gelb, welche gleich zwei abgebildete Figuren leuchtend durchtränkt. Ebenso zeigt eines der abgebildeten Fenster einen gelben Hintergrund. Es scheint als würde bewusst ein hoffnungstragender Gegenpol gesetzt. Das gelb colorierte Fenster scheint schwarze Kreuze widerzuspiegeln. Es wirft viele Fragen aus: Werden Tod und Vergänglichkeit im Licht getragen, und überwiegen die Hoffnung sowie das Positive gegenüber Tod und Vergänglichkeit? Eine der beiden Personen, der Körper leuchtend gelb, streckt die Arme in Richtung Helm und Schädel. 

Wehren die Hände Tod und Elend ab?

Fleht dieser Mensch um Hilfe und Rettung?

Betrauert er den Krieg und die Zerstörung?

Hofft er auf das Gute und die Erlösung?

Die zweite Person, deren Gesicht und Körper gelbe Farbnuancen aufweisen, blickt auf eine Kerze und streckt seine Hände nach ihr aus. Die Kerze scheint eine Verbindung zum Schädel wie auch zum Helm zu haben und überragt beide Motive. Die Flamme der Kerze ist groß und neigt sich in die Richtung der ausgestreckten schwarzen Hand.

Wie ist die Interaktion zwischen Kerze, Hand und der Blickrichtung des Gesichtes zu deuten? Soll das Licht der Kerze als mögliches Symbol der Hoffnung erlöschen oder soll die Flamme als Symbol der Hoffnung, in das eigene Dasein getragen werden? Die Gesamtkomposition des Werkes „Kosovo“ verweist gleichwohl auf die Tragik und auf die Hoffnung, das sogenannte „Licht am Ende des Tunnels“ in der Auseinandersetzung zwischen Leid und Heilung, zwischen Hoffnungslosigkeit und der Sehnsucht nach Leben in Frieden.

Herbstfenster

Mundgeblasenes Echtantikglas, industrielles Ornamentglas, mehrstufig geätzt, Schmelzfarben, Schwarzlot- und Silbergelbmalerei, mit Echtantikglas hinterlegte Glasstücke, H 280x B 320 cm, Ausführung: Derix Glasstudios Taunusstein, 2015/16, Stiftung Deutsches Glasmalerei-Museum Linnich]

Die Gesamtkomposition des Werkes suggeriert Schöpfung und Leben, aber auch Vergänglichkeit und vielleicht sogar Zerstörung und Chaos.

 

Die seriell angeordneten großen und die seitlichen bordürenähnlichen Blumen verleihen dem Werk eine gewisse Ruhe und bieten dem Betrachter Orientierung und den möglicherweise nach Innen gekehrten Blick auf das „Leben in Fülle“, auf Hoffnung und Kraft. In die Darstellung der großen Blumenmotive ragt eine Art Pfeil hinein, der die Anordnung unterbricht. Viele ungeordnete leiterähnliche Motive, die Zerstörung und Chaos andeuten, dominieren die obere Bildhälfte. Die dargestellte Sonne hat ihr Leuchten verloren. Sie zeigt die gleiche Kolorierung wie der Schädel des dargestellten Totenkopfes. Das Rot, Orange und Grün der Blumen finden sich in stab- und auch hier leiterähnlichen Elementen der teilweise abstrakten, erkennbaren Häuserlandschaft wieder. Es scheint eine Verbindung zwischen den Blumen als mögliches Symbol für Leben und Kraft und der vergänglich wirkenden Szenerie, die durch einen Totenkopf dominiert wird, zu geben. Bei genauem Hinsehen erkennt man zwischen den großen Blumen leiterartige Streben, welche in die irreal erscheinende Landschaft hineinzuwachsen scheinen

Leben, Vergänglichkeit und Tod sowie Leben und Zerstörung stehen in einem direkten Dialog. Der Tod gehört zum Leben und umgekehrt. Die Vergänglichkeit scheint unausweichlich. Die Frage, ob die Handlung des Menschen sich dem Positiven zuwendet oder auf dem Weg zur Vergänglichkeit die Zerstörung zulässt, bleibt. Auch die Frage, ob der Tod Trostlosigkeit, Trauer oder Hoffnung in sich birgt, stellt sich weiterhin.

Die tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit und deren Darstellung wird von kaum einem anderen Künstler derart eindringlich dargestellt. Markus Lüpertz weist mit den Bildkompositionen „Kosovo“ und „Herbstfenster“ auf Vergänglichkeit in Verbindung mit Zerstörung und Chaos als gesellschaftliche Bedrohung hin. Er führt den Betrachter aber auch in die Selbstreflektion: Nicht wegzuschauen, sich zu erinnern und über gesellschaftliche Perspektiven nachzudenken. Ebenso spricht er die persönliche Lebensgeschichte des Betrachters zwischen dem Hier und Jetzt, hin zur individuellen Vergänglichkeit an. Mit seinen herausragenden Werken, die er speziell dem Leben und dem Tod widmet, verdeutlicht Markus Lüpertz, wie sehr die Kunst notwendig ist, um Themen wie diese pointiert, und teilweise unbequem, der Welt wie einen dauerhaften eindringlichen Spiegel vor Augen zu halten.

Aussätzige- Obdachlose beherbergen

Ausschnitt aus dem einem der acht Fenster, welche bereits in der St. Elisabeth Kirche in Bamberg eingebaut wurden. 

Nah sei ihm die zentrale Figur, die heilige Elisabeth, sagte Lüpertz. Die sei – obwohl bereits 1207 geboren – eine moderne Frau gewesen, die oft ihren Kopf durchgesetzt habe. 

Herstellung: 2020

Größe: 115x 180cm 

Gekreuzigter

2016, Bleiverglasung, Malerei, geätzt

Werkstatt Derix Glasstudios GmbH & Co. KG

 

Größe: 360 x 274 cm

Bereits umgesetzte Fenster

Der 1463 in der Kirche zu St. Marien zu Lübeck entstandene Totentanzfries als fortlaufende Bilderwand mit einer Länge von fast 30 Metern und einer Höhe von zwei Metern erinnert an die verheerenden Folgen der Pest, der unzählige Menschen in ganz Europa zum Opfer fielen. Beim Luftangriff auf Lübeck 1942 wird der Fries vollständig zerstört. 1955/56 erstellt der Grafiker Alfred Mahlau gemeinsam mit dem Lübecker Glasermeister Carl Berkentien (1870–1952) zwei jeweils rund 12 Meter hohe Totentanzfenster, die das historische Motiv neu interpretieren. Im Jahr 2002 setzt sich auch der Maler, Bildhauer und Grafiker Markus Lüpertz in eigener und moderner Interpretation mit dem Motiv auseinander. Seine Version ziert nun das kleinere Tympanonfenster über dem Nordportal der Totentanzkapelle – unterhalb des linken Fensters von Alfred Mahlau.

 

 

Durch die ausgewogene Architektur und den harmonisch gestalteten Innenraum mit natürlichen Materialien und Farben ist die Krankenhauskapelle ein Ort der Ruhe und Stille. Lüpertz setzt sich intensiv mit religiösen Vorgaben auseinander und kommt zu einer Lösung, die bei aller figürlichen Ausrichtung ganz seine Handschrift trägt. Stilisierte Schneeflocken umwirbeln den Heiligen auf seinem Pferd und unterstreichen die Barmherzigkeit der Mantelspende. Durch sein leuchtendes symbolträchtiges Rot zieht der Mantel den Blick auf sich.

Thema der Fensterentwürfe von Markus Lüpertz sind Szenen aus dem Leben der heiligen Elisabeth, verbunden mit den sieben Werken der Barmherzigkeit aus der Bibel. 

Diese Darstellungen möchte der Maler mit der Gegenwart verbunden sehen. Das Flechtmuster des Korbes, in welchem sich in der Legende das Brot für die Armen in Rosen verwandelt, ist als durchgehendes ornamentales Motiv auf allen 8 Fenstern zu finden.

Das achte Fenster ist nach dem Spruch aus der Bibel benannt: „Was ihr den Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan“

Schon seit 1990 gab Überlegungen zur zeitgenössischen Farbverglasung der Querhäuser.

Am 27. November 2005 konnte das erste Fenster im südlichen Querhaus von St. Andreas in Köln eingebaut und gesegnet werden.

Die Fenster greifen die Thematik des Martyriums der Machabäer wieder auf und stellen sie, in Parallelität zum Schrein, typologisch der Leidensgeschichte Jesu gegenüber.

Sowohl inhaltlich als auch formal ist, bei aller zeitgenössischen Darstellungsweise, ein direkter Bezug zur Tradition gegeben. Dadurch fügen sich die stark farbigen Fenster optimal in das historische Raumgefüge der Andreaskirche ein.